Meine innere Haltung, mit der ich lebe und arbeite, ist stark geprägt durch systemische Axiome und dem humanistischen Menschenbild von Heartfulness und der Gewaltfreien Kommunikation von Marshall Rosenberg.
Ich glaube, dass jedem menschlichen Verhalten eine positive Absicht zugrunde liegt, nämlich die Erfüllung eines Bedürfnisses oder eines Wertes. Das bedeutet nicht, dass ich jedes Verhalten (also jede Strategie, ein Bedürfnis zu erfüllen), billigen oder gutheißen möchte. Auf dieser Ebene kann ich Missfallen signalisieren und gleichzeitig Verbindung und Verbundenheit auf der Ebene der Bedürfnisse erleben, denn diese sind universell, d.h. wir haben alle dieselben Bedürfnisse, vielleicht nicht zur selben Zeit oder in der gleichen Intensität, aber wir kennen das Bedürfnis, und können darüber Verständnis auf einer tieferen Ebene erlangen. Unsere Gefühle geben uns Hinweise darüber, ob ein Bedürfnis erfüllt oder nicht erfüllt ist. Angenehme Gefühle zeigen, dass Bedürfnisse erfüllt sind, unangenehme Gefühle zeigen, dass Bedürfnisse nicht erfüllt sind.
Liv Larsson,
Human Connection at Work
Ich schreibe Menschen zu, dass sie immer die beste Wahl aus dem treffen, was ihnen in dem jeweiligen Moment zur Verfügung steht. Menschen besitzen alle Ressourcen, die sie für Veränderung brauchen. Und ich bin auch fest davon überzeugt, dass Menschen grundsätzlich die Fähigkeit zum Mitgefühl besitzen. Gleichwohl kann es Situationen geben, in denen das nicht sofort abrufbar ist. Wenn uns etwas sehr stark emotional triggert, wenn unser „Empathie-Speicher“ leer ist, braucht es vielleicht erst einen Moment der (Erste-Hilfe-)Selbstempathie, bevor wir Empathie und Mitgefühl für Andere empfinden können. Und ich glaube, dass der Mensch gerne gibt. Marshall Rosenberg sagte sogar, dass es eines unserer tiefsten menschlichen Bedürfnisse sei – sobald physiologische und Sicherheitsbedürfnisse erfüllt sind – zum Wohlbefinden anderer Menschen beizutragen.
All das will ich gerne versuchen, umzusetzen, und scheitere regelmäßig an meinem eigenen Anspruch, wenn ich in Kontakt komme mit meinen Konditionierungen und meinem Ego. Gleichwohl betrachte ich es als Teil meiner Lebensaufgabe und als inspirierendes Wachstumspotenzial, diesen Idealen so nahe und konsequent zu folgen, wie es eben gerade geht.
Und falls du dich schon die ganze Zeit fragst, was denn die Giraffe hier immer wieder zu suchen hat? Die Giraffe ist mein visueller Anker, der mich sanft und spielerisch immer wieder an eine gewaltfreie, d.h. beobachtende, bedürfnisorientierte und herzliche Haltung und Kommunikation erinnert. Erfinder dieser Symbolik war Marshall Rosenberg, dem ich auch mit der Fortsetzung dieser Tradition meine große Wertschätzung und Dankbarkeit für seine Arbeit ausdrücken möchte. Und warum wählte er damals ausgerechnet eine Giraffe? Die Giraffe ist das Landtier mit dem größten Herzen, und vielleicht gelingt es ihr deshalb so gut, ausschließlich Gefühle und Bedürfnisse hören zu können. Alles andere – Bewertungen, Kritik, Problemanalysen – kann sie einfach nicht verstehen. Ist das nicht toll! Traurigerweise ist sie sowohl im realen als auch übertragenen Sinne vom Aussterben bedroht. Und dies ist ein weiterer guter Grund, sie hier ein bisschen zu promoten.
7 Jahre lang war ich mit großer Leidenschaft und Begeisterung Musiklehrerin an einem Gymnasium in Süddeutschland. Ich durfte ‘Band in Class‘-Projekte initiieren, Symphonie- und Bigbandkonzerte dirigieren, CDs aufnehmen, Probenwochen mit hochmotivierten Schülern veranstalten, und vieles mehr … Ich war im Schulmusikhimmel und super happy mit meiner Traumstelle. Aus familiären Gründen ließ ich mich 2001 mit durchaus gemischten Gefühlen beurlauben, um 2 Jahre in New York zu verbringen – 9/11 inklusive, aber das ist eine andere Geschichte … Neben meiner Tätigkeit als Saxofonistin entdeckte ich in New York mein tiefes Interesse für Psychologie und Erwachsenenbildung. Ich absolvierte diverse Ausbildungen, die ich, zurück in Deutschland, fortsetzte, und baute mir dadurch ein sehr erfüllendes zweites berufliches Standbein als Managementtrainerin und Coach auf.
Doch allmählich nahte die Zeit der Entscheidung: zurück in den sicheren Hafen des Beamtentums oder mit vollem Risiko in die Selbstständigkeit? Ich wusste es nicht.
Oder vielmehr: Mir fehlte der Mut, meinem Herzen zu folgen, das inzwischen deutlich für das Managementtraining schlug. Ich musste es neu überprüfen. Also startete ich ein zweites Mal als Lehrerin, dieses Mal an einer Berliner Grundschule. Und ich mache es kurz: Ich konnte weder an den Erfolg noch an das Gefühl meiner ersten Lehrtätigkeit anknüpfen. Selbst das neue Wissen, das ich inzwischen erworben hatte, ermöglichte nicht die harmonische und kreative Lernumgebung, die ich mir so sehr wünschte. Stattdessen begann ich nach kurzer Zeit, das zu tun, was ich niemals tun wollte: Belohnen, Bestrafen, Drohen, Maßregeln. Ich war total frustriert, wurde immer dünnhäutiger und selbst die Musik machte mir keine Freude mehr. Den dramatischen Höhe- und Schlusspunkt bildete schließlich eine Schlägerei im Klassenzimmer. Nachdem der erste Schock überwunden und sichergestellt war, dass alle heil und unverletzt waren, stellte sich plötzlich ein Zustand bei mir ein, den ich so noch nie erlebt hatte.
Ein ganz tiefer innerer Frieden zusammen mit der Erkenntnis: Jetzt ist es vorbei! Ein Gedanke und ein Gefühl, ganz unaufgeregt, fast nüchtern und glasklar, und absolut stimmig auf allen Ebenen meines Daseins.
Der Rest, die Kündigung meines Beamtentums, war dann reine Abwicklung. Ohne Bitterkeit, ohne Systemkritik. Es war einfach nicht mehr mein Weg. Das weiß ich seitdem aus vollem Herzen.
Sylvie Elise Trentzsch
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